Kleines Einmaleins der Schalldämmung für Paranoiker (und alle Anderen)

Bild: Wikipedia

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Weil ich gerade einmal wieder über allerhand gut gemeinte, aber bestenfalls halbrichtige Tips zur Schalldämmung, sei es für Mobiltelefone (hier als klassische "Wanzen" benutzt), sei es für Audioanlagen oder einfach generellen Krawall, stolpere, möchte ich mal mehr oder minder autoritativ ein paar Kleinigkeiten zu den eigentlich simplen, aber kaum bekannten (bau-)physikalischen Grundlagen klarstellen:

  1.  Gegen Schall hift nur eines: Masse.
    So einfach zu begreifen, wie schwierig auszuführen. Nur eines bekommt die bösen (Luftschall-)Schwingungen wirklich klein und das ist Masse. Auf der Erdoberfläche könnte man auch von "Gewicht" sprechen.=> Schwer dämmt gut.Nur um damit gleich alles Wissenswerte über "Schalldämmungen" aus Schaumstoff, Eierkartons oder Styropor gesagt zu haben: Vollkommen für die Katz.Glas, Stahl, Beton, Blei, Gummi sind da schon eher Materialien der Wahl.  Tatsächlich könnte ich aus dem Ärmel heraus ein Beispiel nennen, wo ein nachträglicher Einbau schwerer Gipskartonplatten (F35) bei ordentlicher Entkopplung in Verbindung mit entsprechenden Stahl- und Glastüren einiges bewirkt hat. Nur, dabei handelte es sich um einen intensiv gewerblich genutzten Raum, praktisch eine ganze Etage. Also spielte man da finanziell schon mal in einer anderen Liga, als das im Normalfall bei Wohnraum drer Fall ist. Zudem waren das Zimmerleute und Bauschreiner, also Profis, die mal eben ein paar Tage lang brachial schwere Feuerschutzverkleidungen über Kopf einbauen, ohne dabei zu schludern.
    Noch besser als Gipskarton zeichnet sich insbesondere (stärkeres) Glas  durch relativ hohe und homogene Masse (ca. 2.800 kg/m³) , bekannt gute Lichtdurchlässigkeit und gute Handhabbarkeit aus. Glastüren sind eigentlich das Non-Plus-Ultra im Studio - und ein dickes Glasgefäss ist logischerweise eine sehr viel bessere schalldichte Kammer für's Händy, als die bei Fefe zitierte (und akustisch unbrauchbare) Thermoskanne. Noch viel besser (und billiger) sind zwei Einmachgläser in unterschiedlicher Grösse mit Sand zwischen den Gefässwänden. (Sand ist chemisch ziemlich das gleiche wie Glas (SiO), physikalisch fast so dicht, und so sprichwörtlich billig wie Dreck. Wer's kitschig mag, darf auch bunt gefärbten Aquariumsand benutzen.) Wichtig dabei ist nur, dass die Gefässwände der Einmachgläser sich keinesfalls direkt berühren dürfen! Womit wir bei Punkt zwei wären:
  2. Schallbrücken vermeiden.
    Schall sind bekanntermassen Schwingungen in der Luft. So einfach wie falsch. Schall wird genauso von Wasser, Helium, Schnüren zwischen Blechdosen, bzw. von allen (möglichst homogenen) Materialien weitergeleitet. Im hier relevanten Fall spricht man von Körperschall (fälschlicherweise oft als "Trittschall" bezeichnet). Verantwortlich für die Übertragung von Körperschall sind praktisch immer Schallbrücken:  Ebenso, wie die Luft als Medium für den gewöhnlichen Raumschall dient, braucht es ein weiteres Medium, das den Schall aus der Luft in ein anderes Medium (zB die Zwischenwand zum hellhörigen Nachbarn) überträgt - die Schallbrücke. Deren Prinzip ist leicht anhand einer praktischen Anwendung zu erklären: dem Körperschallmikrofon. Im einfachsten Fall schlägt man dazu einen Nagel in die Wand, befestigt ein (Kondensator-)Mikrofon am Kopf, hängt einen Verstärker samt Kopfhörer dran und hört in schönster Qualität ab, was im Nebenraum auf der anderen Seite der Wand so passiert. Der Nagel ist hier der Idealfall der Schallbrücke: er sitzt formschlüssig in der Wand und kann selbst etwas schwingen, also überträgt er wunderbar auch leichte Schwingungen der Wand. Wenn man statt des Mikrofons mit Verstärker eine Rigipsplatte dranhängt und die -genau wie den Nagel- nicht akustisch entkoppelt, erhält man den häufigsten und nervigen tatsächlichen Fall einer Schallbrücke: Murks am Bau. Mit all den bekannten Folgen "hellhöriger" Bauten. Vermeiden lässt sich so etwas mittels akustischer Entkopplung durch Hülsen, Ringe oder Polster aus Gummi oder Neopren.  Jedenfalls etwas, worin sich die Körperschallschwingungen totlaufen können. Hier sind zur Abwechslung auch mehrschichtige oder heterogene Materialien gut, die durch eine Vielzahl von Materialübergängen helfen, den Schall zu diffundieren und abzudämpfen.

Fazit: Ein Bleikasten, ein umgestürztes Aquarium oder ein Tresor, in gewissen Grenzen auch ein Kühlschrank oder eine Mikrowelle (Glas-/Stahlgehäuse) geht in Ordnung. Thermoskannen, Handtücher und Kochtöpfe sind, zumindest akustisch betrachtet, keine gute Idee. Ein Schnellkochtopf voller Sand wäre schon etwas anderes.

Über Tom

"Die meisten 'normalen Leute' in meinem Bekanntenkreis würden mich wohl als 'Computernerd' bezeichnen. Die meisten Computernerds -einschliesslich meiner selbst- wären darüber anderer Meinung."
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